Balkanrunde: Von Basel über Split, Bar und Belgrad nach Wien

Tag 4

Gott sei Dank fährt unser Bus nach Bar heute erst um 11 Uhr ab. So können wir heute einmal richtig ausschlafen und wachen sogar auf, bevor unser Wecker klingelt. Im Hostel serviert man uns noch ein leckeres Frühstück, dann geht es wieder bergab zum Busbahnhof. Da wir etwas zu früh vor Ort sind, schaue ich mir um die Ecke am Hafen noch einmal kurz das große Kreuzfahrtschiff an, was auch heute noch dort liegt.

Diese Größe ist schlicht beeindruckend. Trotzdem verspüre ich nicht wirklich das Interesse, auf Kreuzfahrt zu gehen. Auch Busfahren liebe ich nicht, aber heute muss es sein, da man Dubrovnik mit der Bahn nicht erreichen kann.

Die Abfahrtszeit verstreicht und vom Bus ist nichts zu sehen. Viele weitere Touristen warten mit uns auf ihn. Ich schaue im Online-Fahrplan nach und stelle fest, dass der Bus aus Vinkovci im Nordosten von Kroatien kommt. Dort ist er gestern Abend (hoffentlich) losgefahren und hat seitdem mehrmals die Grenze überquert. Da auch in diesem Fahrplan alle Grenzaufenthalte mit 0 Minuten eingetragen sind, beschleicht uns das dumpfe Gefühl, dass der Bus hier möglicherweise auch mit mehreren (!) Stunden Verspätung ankommen könnte. Informationen darüber, wann der Bus kommen könnte, gibt es nicht (weder im Internet noch vor Ort). Das nervt mich. Vermutlich merkt man daran, dass ich Deutscher bin. Der Bus kommt dann mit etwa einer Stunde Verspätung und es gibt einen kompletten Fahrgastwechsel. Warum man dann nicht zwei Busse einsetzt (Vinkovci – Dubrovnik & Dubrovnik – Bar) erschließt sich mir nicht. Noch mehr genervt bin ich, als der Busfahrer mich mit meinem Rucksack nicht einsteigen lässt. Er ist ihm wohl zu groß und ich soll ihn im Gepäckraum verstauen (natürlich kann er damit auch extra abkassieren für das Gepäckstück). In der Schnelle kann ich noch gerade eine kleine Flasche Wasser mitnehmen, all mein anderes Proviant liegt jetzt unten im Gepäckraum – super! Der Bus ähnelt dem gestrigen Modell und hat natürlich keine Toilette. Als wir losfahren bin ich so genervt von der Verspätung, der fehlender Toilette und meinem Rucksack im Gepäckraum, dass ich mir schwöre, nie mehr solch lange Strecken auf dem Balkan mit dem Bus zurückzulegen und allen davon abzuraten.

Der Bus fährt zunächst wieder landschaftlich schön an der Küste entlang. Der zweite Busfahrer kontrolliert unterdessen die Fahrkarten. Neben mir sitzt eine Frau, die ihr Ticket nicht ausgedruckt hat und deshalb Ärger mit dem Busfahrer bekommt. Das Problem: Sie spricht nur Englisch und er kaum. Auch das bestätigt meine schlechte Meinung dieser Busfahrt, dass die Busfahrer (obwohl sie hier fast ausschließlich Touristen befördern) kaum Englisch sprechen. Dass meine Erwartungen hier vermutlich total überzogen sind, weiß ich. Aber wenn man einmal genervt ist, dann reagiert man schnell gereizt. Mein Kumpel versucht nun zu vermitteln, denn er spricht kroatisch. So lässt sich das Problem irgendwie lösen, indem der Busfahrer sich eine Nummer vom Online-Ticket (auf dem Tablet) aufschreibt und so dann die Fahrkarte doch akzeptiert.

40 Minuten dauert die Fahrt bis zur kroatischen Grenze. Heute müssen wir auch bei der Ausreise alles aussteigen und Pässe vorzeigen. Das Gleiche gilt auch wenige Minuten später für die Einreise nach Montenegro. Da beide Grenzkontrollen natürlich auch wieder dauern, hat unser Bus anschließend nicht nur eine, sondern zwei Stunden Verspätung. Dann passiert aber etwas, das meine Laune grundlegend ändert: Wir erreichen die Bucht von Kotor.

Ich habe mich vorher noch nicht mit Montenegro und der Strecke, die der Bus fährt, beschäftigt und die Bucht von Kotor kannte ich auch noch nicht. Wikipedia beschreibt sie so: „Die Bucht setzt sich aus vier durch Engstrecken miteinander verbundene Einzelbecken zusammen.“ Die Fahrt entlang der Becken ist dabei so unfassbar schön, dass ich plötzlich denke: Trotz all dieser Widrigkeiten ist diese Fahrt doch schön und man müsste sie vielleicht doch weiterempfehlen.

Eine gute Stunde fahren wir mit mehreren Zwischenhalten die Küste der Bucht entlang, dann erreichen wir Kotor. Hier steigen zwei Drittel aller Fahrgäste aus. Kein Wunder, denn es ist hier einfach traumhaft schön! Außerdem kündigen die Busfahrer nun eine kurze Pause an. Meine Blase und mein Magen freuen sich, denn hier gibt es neben einer Toilette auch einen Kiosk, an dem ich mir etwas zu Essen und zu Trinken kaufen kann. Und da man in Montenegro mit Euro bezahlt, ist das besonders einfach. Von Kotor aus sind es nun noch gut zwei Stunden bis Bar. Nach kurzer Fahrt durch das Inland geht es weiter die Küste entlang.

In Budva (einem anderen Touristenort) steigen beinahe alle restlichen Fahrgäste aus. Anschließend sind nur noch mein Kumpel und ich im Bus und ein Fahrgast, der bis Ulcinj (noch weiter als Bar) fährt. Die Busfahrer geben nun wieder ordentlich Gas (wen interessieren schon Schilder?), sodass wir zumindest die Verspätung bei etwa zwei Stunden halten und dann auch irgendwann endlich Bar erreichen. Der Busbahnhof ist ziemlich schäbig, wir sind aber froh, alle Busfahrten auf dieser Interrail-Tour endlich hinter uns zu haben. Trotz all der Widrigkeiten würde ich es aber vermutlich nochmal genauso machen. Die Fahrt an der Küste und an der Bucht von Kotor ist es einfach wert!

Vom Busbahnhof müssen wir auch heute wieder etwa 20 Minuten bis zu unserer Unterkunft laufen. Das Panorama der umliegenden Berge begrüßt uns dabei:

Heute Nacht haben wir ein privates Doppelzimmer, welches unglaublich groß und günstig ist. Hier in Bar ist das Preisniveau wirklich niedrig und weil mit Euro bezahlt wird, sieht man das auch auf dem ersten Blick.  Nachdem wir eingecheckt haben, treibt uns der knurrende Magen wieder in die Stadt, schließlich haben wir dank der Busfahrt den ganzen Tag über gefastet und ich habe nur das Frühstück und einen kleinen Snack vom Kiosk am Busbahnhof von Kotor im Magen.

In der Nähe des Hafens finden wir ein nettes Restaurant und lassen es uns schmecken. Anschließend genießen wir am Hafen den Sonnenuntergang.

Das Hafenterminal wirkt wie ausgestorben. Einmal in der Woche fährt von hier aus noch eine Fähre nach Bari (auch eine Idee, nach Bar anzureisen). Früher war hier deutlich mehr Betrieb.

Auf dem Weg zurück zur Unterkunft kaufen wir für unsere morgige Zugfahrt noch Proviant im Supermarkt ein und ich überfordere die Kassiererin damit, dass ich mit einem 50 Euro-Schein zahlen will. Sie hat kaum Wechselgeld in der Kasse.  Vielleicht hängt das damit zusammen, dass Montenegro kein echtes Euro-Land ist und kein eigenes Geld drucken darf. Irgendwie klappt es dann trotzdem und dem Highlight-Tag unserer Tour steht nichts mehr im Wege.

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