Tag 3
Auch heute Nacht schlafe ich wieder richtig gut. Einmal werde ich kurz wach, während der Zug steht. Ich schiebe die Jalousie etwas hoch und sehe am Bahnsteig gegenüber den Gegenzug. Danach schlafe ich sofort wieder ein. Ich bekomme nicht mit, wie mein Kumpel offenbar (so erzählt er mir am nächsten Tag) das Fenster zwischenzeitlich kurz öffnet, um etwas frische Luft ins Abteil zu lassen. Ich bin eigentlich ein Freund von Zügen, bei denen man die Fenster öffnen kann. Wenn es aber dafür gar keine Lüftung gibt, dann ist das Mist. Insbesondere bei meinem Kumpel im oberen Bett macht sich die stickige Luft bemerkbar.
Um kurz vor sechs weckt uns unserer Wecker. Schließlich wollen die letzten Kilometer im Sonnenaufgang am offenen Fenster nicht verpassen. Muss ich dazu noch etwas schreiben?
Pünktlich erreichen wir Split und ärgern uns, dass die Fahrt schon vorbei ist.
Bis zum Mittag haben wir nun in Split Zeit. Es ist nicht unser erster Besuch hier. Beim letzten Mal waren wir länger vor Ort, heute geht es vergleichsweise schnell weiter. Trotzdem haben wir einige Stunden Zeit, um auf den Berg der Halbinsel Marjan zu gehen, von dem man einen wunderbaren Blick über Split und die nähere Umgebung hat.
Auch ans Meer gehen wir kurz, aber zum Baden ist es noch zu kalt.
Dadurch, dass wir nicht zum ersten Mal hier sind, reichen die fünf Stunden aus, um guten Gewissens weiterfahren zu können. Da Split Endstation für alle Züge ist, geht es nun mit dem Bus weiter. Unser Tagesziel ist dabei Dubrovnik. Den Bus haben wir bereits online (zu einem günstigen Preis gebucht) und er kommt auch pünktlich aus Zagreb an. Der Busbahnhof liegt dabei direkt am Bahnhof (und Bahnhof und Busbahnhof liegen wiederrum direkt am Hafen, von dem aus man zum Beispiel nach Ancona fahren kann – vielleicht eine Idee für das nächste Mal). Ein mehr oder weniger moderner Reisebus ohne Toilette bringt uns nun in den nächsten Stunden in den Süden. Der Bus ist dabei fast ausgebucht. Zunächst fahren wir die relativ neue Autobahn durch das bergige Hinterland in Richtung Süden. Die Fahrt ist dabei landschaftlich attraktiver als ich dachte. Interessant auch, wie man die Autobahn einfach in die Landschaft gegraben hat. Zwischendurch fahren wir auch von der Autobahn ab und halten in kleinen Dörfern, in denen nur wenige Einheimische ein- und aussteigen. Die meisten Fahrgäste sind jedoch offensichtlich Touristen.
Kurz vor der Grenze zu Bosnien endet die Autobahn dann und wir fahren bei Ploče wieder an die Küste. Hier sehen wir auch wieder Gleise, denn nach Ploče führt die Eisenbahnstrecke Sarajevo – Ploče. Leider gibt es auf kroatischer Seite derzeit nur Güterverkehr. Die Infrastruktur sieht aus dem Bus jedenfalls so aus, als wäre sie in gutem Zustand.
Unser Bus hat sich mittlerweile eine halbe Stunde Verspätung eingefahren. Gott sei Dank habe ich etwas Proviant in meinem Rucksack (den ich wieder sehr unbequem in die Sitzreihe vor meine Beine gequetscht habe), sodass ich wenigstens etwas zu Essen und zu Trinken habe. Mehr Sorgen macht mir derweil meine Blase, da der Bus keine Toilette hat und wir bisher (neben den kurzen Halten zum Ein- und Ausstieg) keine Pause gemacht haben und es bisher weder vom Busfahrer noch vom Fahrplan einen Hinweis auf eine Pause gibt.
Zunächst ist aber Grenzkontrolle angesagt! Da die Region um Dubrovnik eine kroatische Exklave ist, müssen wir ein Stück Weg (etwa 5 km) in Bosnien und Herzegowina zurücklegen (Neum-Korridor). Als erstes geht es zur kroatischen Ausreisekontrolle. Ein Grenzpolizist geht durch den Bus und sammelt dabei alle Pässe ein. Einige Minuten später fährt der Bus weiter und der Busfahrer gibt die Pässe zurück, die ihm der Grenzer offenbar nach der Kontrolle nur eben in die Hand gedrückt hat. Eine Einreisekontrolle auf bosnischer Seite gibt es interessanterweise nicht. Interessant ist auch, dass für den Grenzaufenthalt des Busses im Fahrplan exakt 0 Minuten eingerechnet sind (gleiche Ankunfts- und Abfahrtszeit). Durch den etwa 10 minütigen Halt hat sich unsere Verspätung also weiter vergrößert. Das tut sie auch jetzt, denn an einer Tankstelle in Neum kündigen die Busfahrer nun doch eine Pause von 15 Minuten an. Das steht zwar auch nicht im Fahrplan, meine Blase freut sich aber. Schön auch, dass die Toilette kostenlos ist, denn bosnische Mark hätten wir auch nicht dabeigehabt. Und auch der Blick von hier auf die Bucht und das Meer ist schön.
Weiter geht es nun wieder zur Einreise nach Kroatien (EU-Außengrenze). Hier müssen wir sogar alle aus dem Bus aussteigen und der Grenzerin in ihrem Büro den Ausweis selbst vorzeigen. Das dauert natürlich noch einmal länger als bei der Ausreise mit dem Einsammeln der Pässe. Natürlich ist auch dieser Grenzaufenthalt mit exakt 0 Minuten im Fahrplan integriert. Am Ende fahren wir mit etwa einer Stunde Verspätung weiter. Wer also auf dem Balkan Bus fährt, sollte sich niemals auf die Zeiten verlassen und ggf. mehrere Stunden Umsteigezeit einplanen.
Etwa eine Stunde fahren wir ab der Grenze noch schön entlang der Küste bis Dubrovnik. Die Fahrt ist etwas ruppig, wie man an der folgenden Kameraführung sehen kann.
Geschwindigkeitsbegrenzungen scheinen die Busfahrer auch nicht zu interessieren. Ich würde so sportlich über eine kurvige Küstenstraße nicht einmal mit dem Auto fahren. Immerhin schafft der Fahrer es so, dass die Verspätung nicht noch größer wird. Bei der Einfahrt in Dubrovnik fahren wir über die beeindruckende Franjo-Tuđman-Brücke, die eine Bucht überspannt.
Der Busbahnhof liegt etwas weit draußen (direkt am Hafen, in dem gerade ein riesiges Kreuzfahrschiff liegt) und wir müssen noch etwa zwanzig Minuten bis zu unserem Hostel zu Fuß gehen. Dubrovnik liegt am Hang und es geht dabei ordentlich bergauf. Genug Sport haben wir also heute definitiv gemacht. Dafür werden wir mit einem schönen Ausblick von der Terrasse unseres Hostels begrüßt.
Wir haben Glück: Wir beiden bleiben heute Nacht in unserem Viererzimmer alleine. Die Tochter der Familie, die das Hostel betreibt, erklärt uns zunächst in einem fünfminütigen Vortrag, was wir alles in Dubrovnik machen könnten. Wir müssen sie dabei fast bremsen, da wir ja nur die Nacht hier verbringen wollen (und auch nicht die Nacht zum Tag machen wollen). Wir stellen dabei fest, dass es ein großer Planungsfehler war, hier nicht etwas Zeit einzuplanen. Wir hatten immer nur die Strecke Split – Bar im Kopf und da man das vernünftig nicht an einem Tag schafft, mussten wir eben irgendwo eine Übernachtung einlegen. Wir haben aber versäumt darüber nachzudenken, dass es sich vielleicht lohnt, in Dubrovnik auch mal etwas zu bleiben, wenn wir sowieso schon da sind.
Zumindest wollen wir die Altstadt sehen und unser Magen knurrt schon wieder. Also geht es wieder zwanzig Minuten bergab. Die Stadt ist wirklich wunderschön und wir ärgern uns noch mehr, dass wir hier nicht etwas Zeit mitbringen. Und das Abendessen im Restaurant ist auch sehr lecker, allerdings auch teuer. Da Dubrovnik bei Touristen so beliebt ist, ist das Preisniveau für Balkan-Verhältnisse extrem hoch (und auch für deutsche Verhältnisse zumindest hoch).
Zurück im Hostel geht es sofort ins Bett. Nach zwei Schlafwagennächten bin ich todmüde (auch wenn ich immer recht gut geschlafen habe).
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