Es ist kurz nach 9 Uhr morgens, als ich wieder am Bahnhof von Bozen stehe. Jetzt beginnt der zweite Teil der Tour, den ich erst vier Tage zuvor gebucht habe. Das erklärt den auch den – wenn man die gesamte Tour sieht – merkwürdigen Schlenker über Bozen. Ursprünglich dachte ich, ich würde nun über den Brenner nach Hause fahren. Nun kommt es anders. Mein einziger Fixpunkt heute: Ich muss den Nachtzug nach Sizilien in Mailand bekommen. Abfahrt kurz nach 20 Uhr.
Mailand und Verona, das auf der Strecke liegt, kenne ich schon recht gut und habe Lust, nochmal etwas Neues aufzuprobieren. Wie wäre es mit Meran? Von Bozen aus führt eine Stichstrecke dorthin. Da gerade sowieso für die nächsten zweieinhalb Stunden kein Zug nach Verona fährt (am Vormittag herrscht hier eine unglaubliche Taktlücke), kaufe ich spontan eine Fahrkarte. Eine Dreiviertelstunde dauert die Fahrt im Flirt-Triebzug. Die Strecke ist nett, teilweise kurvig und verläuft durch ein meist weites Tal. Sie haut mich aber nicht vom Hocker.
In Meran könnte man dann theoretisch noch weiterfahren mit dem Zug bis Mals, wo endgültig die Schienen enden und Busse zum Dreiländereck mit der Schweiz und Österreich über den Reschenpass verkehren. Derzeit fahren aber Busse im Schienenersatzverkehr, weil die Strecke elektrifiziert wird. Für mich geht es deshalb zu Fuß weiter in die Stadtmitte von Meran. Kleine Gässchen, darüber der blaue Himmel – es ist herrlich. Hier schlägt der Kulturen- und Sprachenmix gefühlt etwas mehr zum Deutschen aus, im Vergleich zu Bozen. Die meisten Geschäfte wirken alteingesessen und tragen deutsche Namen („Metzgerei“ bspw.), dann geht es in den Spar-Supermarkt, hier hört man an der Kasse nun wieder fast ausschließlich Italienisch. Es ist, als würde man im Kleinen ständig von einem ins andere Land reisen.
Über die Passerpromenade laufe ich am Fluss in Richtung Bahnhof zurück. Auch hier sind die Buden eines Weihnachtsmarktes aufgebaut und noch geöffnet. Weihnachten scheint hier in Italien einfach länger gefeiert zu werden. Sympathisch. An einem „Würstelstand“ hole ich mir eine Bratwurst – der Verkäufer spricht den wunderbaren Tiroler Dialekt.
Am Bahnhof steht der Triebwagen für die Rückfahrt bereit. Es ist diesmal kein Flirt, sondern ein Triebzug, den die italienische Bahn den Namen „Jazz“ gegeben hat. Er ähnelt dem Minuetto, ist quasi seine Weiterentwicklung.
Für die Weiterfahrt ab Bozen habe ich mir den Eurocity aus München ausgesucht. Er passt zeitlich gut und ich mag die bequemen österreichischen Wagen. Außerdem weiß ich nicht, wie oft ich überhaupt noch die Chance habe, mit solchen Wagen in Italien zu fahren. „Bald“ sollen auf der Strecke railjets der neuesten Generation zum Einsatz kommen, die derzeit produziert werden. An sich ist das zu begrüßen, denn die alten Wagen sind immer mehr „durch“, wirken gerade äußerlich ziemlich abgeranzt, nicht selten fallen Wagen aus oder haben Defekte, und nicht zuletzt kommt seit einigen Monaten kein Speisewagen mehr zum Einsatz, weil die Wagen offenbar nicht mehr vernünftig mit dem italienischen Gleichstrom klarkamen und immer wieder kaputt gingen. Schade, ich habe das Reisen im österreichischen Speisewagen durch Italien immer sehr genossen.
Der Zug kommt pünktlich, im ersten Wagen ist auch noch genug Platz, und wieder geht es durch das Etschtal südwärts. Irgendwann kommt der Gastro-Mitarbeiter mit der Minibar durch den Wagen. Diese ist quasi der kleine Ersatz für den Speisewagen. Immerhin kann ich so einen Tee trinken. Etwas vernünftiges zu essen gibt es natürlich nicht. Nur Sandwiches und ähnliche Dinge, die ich mit meinen Allergien nicht vertrage.
Wieder endet die Berglandschaft relativ plötzlich, nachdem der Zug durch einen Tunnel gefahren ist, und die Po-Ebene mit Verona begrüßt uns. Der Zug macht hier einen Fahrrichtungswechsel, wofür eine andere Lok an der anderen Seite angekuppelt wird, und fährt dann weiter nach Bologna.
Für meine Weiterfahrt hatte ich grob den Regionalverkehr angepeilt, fuhren hier bei meinem letzten Besuch noch diese wunderbar langen Retro-Regionalzüge mit so vielen Wagen, wie man sie selten im Regionalverkehr sieht. Mit Fenstern zum Öffnen und den blauen Ledersitzen. Das ist für mich, wie bereits erwähnt, Italien-Feeling pur. Aber ich muss feststellen, dass auch hier so langsam eine neue Zeitrechnung begonnen hat. Am Bahnsteig steht ein moderner Triebzug des Modells „Rock“, der sich vor allem dadurch auszeichnet, dass es gefühlt mehr „Fensterplätze“ vor Wänden als vor Fenstern gibt. Ganze Sitzgruppen sind hier ohne Fenster. Wunderbar für eine Welt, in der man alles um sich herum ausblendet und nur aufs Smartphone schaut. Das ist aber nicht meine Welt.
Da ich mir das nicht antun möchte, schaue ich in den Fahrplan, was denn sonst noch nach Mailand fährt. Ein Eurocity fährt in einer Stunde, kommt aus Venedig und setzt seine Fahrt dann in Richtung Zürich fort. Bingo! Ich bin noch nie in einem Schweizer Zug innerhalb Italiens gefahren (abgesehen vom Regionalverkehr zwischen Mailand und Chiasso), und einen brauchbaren Speisewagen gibt es dort zum Abendessen auch, denn langsam bekomme ich auch Appetit auf etwas Vernünftiges abseits von Fast-Food. Ich buche mir also eine Fahrkarte.
Eine gute Stunde noch bis Abfahrt. Schaffe ich es noch in die Stadt? Aber sicher. Eine schnelle Runde bis zur Arena und zurück ist drin.
Es dämmert bereits, als der EC einfährt. Von der Strecke bis Mailand werde ich nicht mehr viel sehen. Dagegen kann ich die tolle Speisewagen-Einrichtung des SBB Giruno-Zuges genießen, schön mit dem Schweizer Wappen. Ich bin zunächst der einzige Fahrgast im Restaurant, nach und nach füllen sich aber auch die anderen Tische.
Das Essen und das Schweizer Bier schmecken besonders gut. Währenddessen fährt der Zug in die Dunkelheit. Es ist ein ganz schönes Hin und Her zwischen heftig beschleunigen und dann wieder ordentlich in die Eisen gehen. Mir bleibt es ein Rätsel, warum man nicht etwas gleichmäßiger und entspannter fahren kann. Bis kurz vor Mailand zeigt uns sie App der Staatsbahn trenitalia als pünktlich oder überpünktlich an, dann bummeln wir bei der Einfahrt in den Bahnhof Milano Centrale aber rum, bleiben immer wieder stehen, lassen noch einen Frecciarossa-Hochgeschwindigkeitszug vor. So erreichen wir dann den Bahnsteig mit guten 10 Minuten Verspätung. Verspätung, über die sich die Schweizer dann wieder „freuen“ werden, weil der Zug den pünktlichen Taktverkehr der Schweiz zerschießt. Ob das wirklich nötig war, den Zug so trödeln zu lassen?
Mit mir steigt auch einer der Kellner aus. Vorher hatte ich eine Rechnung bekommen auf der sinngemäß „elventino (die Catering-Firma der Schweizer Speisewagen) Niederlassung Mailand“ steht. Er scheint möglicherweise also Italiener zu sein und hier Feierabend zu haben. Er hatte auch, als ich auf Deutsch bestellen wollte (aus Gewohnheit, weil ich mit Schweizer Personal gerechnet habe), sofort seinen Kollegen gerufen, der dann kam und Deutsch mit mir sprach und nun auch weiterfährt. Möglicherweise ist er wirklich Schweizer (aber wohl aus dem Tessin mit italienischer Muttersprache). Ich finde das immer spannend, das zu beobachten, wie der Betrieb eines solchen rollenden Restaurant organisiert wird.
Bis zur Abfahrt des Nachtzuges sind es noch zwei Stunden. Ich habe mit meinem schweren Rucksack keine Lust mehr, noch in die Stadt zu fahren und entscheide mich, am Bahnhof zu bleiben. Ich laufe etwas umher. Auf dem Bahnhofsvorplatz ist eine Eisbahn aufgebaut und es läuft Weihnachtsmusik. Das scheint also überall in Italien noch Anfang Januar so zu sein. Mir gefällt es, Weihnachtsmusik kann ich nie genug hören… 😉
Irgendwann entscheide ich mich dann, für ein zweites Abendessen doch nochmal zum Fast Food-Restaurant des Vertrauens zu gehen. So üppig war die Portion im Schweizer Speisewagen dann doch nicht. Und danach kommt etwas, das man bei der Fahrt nach Sizilien wirklich nicht vergessen darf: Proviant einkaufen. Im Nachtzug gibt es keinen Speisewagen und auch kein so üppiges Frühstück, dass man damit bis zum Nachmittag durchhält, wenn der Nachtzug dann irgendwann mal den Zielbahnhof auf Sizilien erreicht. Also decke ich mich im Supermarkt ein mit Dingen, die auch tags drauf noch haltbar sind, auch ohne Kühlschrank. Und ein Bier für den Abend ist auch noch drin.
Die Bahnsteige an einigen größeren Bahnhöfen in Italien, darunter auch Milano Centrale, sind mit Sperren abgeriegelt. Man kommt von der Bahnhofshalle zu den Bahnsteigen nur mit Ticket durch. Ich passiere diese Grenze und warte auf der anderen Seite der Sperren darauf, dass das Gleis meines Zuges angekündigt wird. Das passiert in Italien meist immer erst einige Minuten vor Einfahrt des Zuges.
Heute Abend ist das erst 10 Minuten vor Abfahrt der Fall. Viele Menschen strömen in Richtung des Bahnsteiges, an dem auch schon der Zug in die Halle geschoben wird. Vorne die Wagen nach Palermo, hinten die nach Siracusa. Nur Schlaf- und Liegewagen – ein reiner Nachtzug. Und da ist er tatsächlich, der Schlafwagen mit den Excelsior-Abteilen.
Ich steige ein. Der Wagen wirkt deutlich moderner als die mir bisher bekannten Schlafwagen. Ich gehe vorbei an mehreren normalen „Deluxe“-Abteilen, am Ende des Wagens finden sich dann vier Excelsior-Abteile. Meines ist das Hinterste. Die Türen sehen von außen so aus, als ließen sie sich mit einer Chipkarte zum Dranhalten öffnen – so wie in manchen Hotels. Das Abteil kann ich aber einfach mit der Türklinke öffnen, ohne irgendeine Karte vorzuhalten. Es ist recht geräumig hier. Rechts das Bett, darüber das zur Wand weggeklappte zweite Bett. In der Mitte am Fenster ein Tisch und daneben eine kleine Sitzecke. Oben, dort wo sonst die Gepäckablage ist, gibt es aber offenbar noch einmal zwei Betten. Die Kopfhöhe ist aber so niedrig, dass hier oben wahrscheinlich maximal Kinder „Spaß“ hätten. Die Plätze scheinen auch nicht verkauft zu werden.
Links dann die Tür zu einem weiteren Raum – dem kleinen Bad. Der Grund, warum ich mitfahre. Ich öffne die Tür, knipse das Licht an und bin im ersten Moment durchaus positiv überrascht über die Aufteilung des Raums. Die Dusche ist, anders als im nightjet, nicht nur mit einem Vorhang geschützt, sondern mit einer runden Plastikwand, die sich zuschieben lässt, sodass das Wasser wirklich in der Dusche bleibt.
Auf dem zweiten Blick verschwindet dieser kurze positive Eindruck und ich bin entsetzt. Entsetzt, weil der komplette Boden verdreckt ist. Wer weiß, wann hier das letzte Mal der Boden gewischt wurde? Heute sicher nicht und fürchte, auch gestern nicht. Rund um die Dusche liegen Dinger herum, die ich als (wahrscheinlich) Hunde-Leckerlis ausmache. Sie liegen nicht nur auf dem Boden, sie stecken auch in allen Ritzen, etwa im Abfluss der Dusche und in der unteren Führungsschiene der verschiebbaren Duschabtrennung. Ich versuche die Abtrennung zuzuziehen – sie ist schwergängig. Die Leckerlis, die so tief stecken, dass sie nicht zu greifen sind, blockieren. Nachdem ich die Abtrennung mehrfach mit großem Kraftaufwand zu- und wieder aufgezogen habe, habe ich die Leckerlis so sehr in „Pulver“ zerkleinert, dass die Abtrennung nun wieder halbwegs leicht durch die Führungsschienen läuft.
Das Wachbecken ist auch verdreckt, nur das Klo – Deckel, Brille und auch Kloschüssel – scheint wirklich geputzt worden zu sein. Für ein Abteil, für das man regulär (wenn man nicht eines der seltenen Sparangebote in dieser Kategorie bekommt) deutlich über 200 Euro zahlt, ist das eine Frechheit, was mir hier vorgesetzt wird.
Die Dusche hat einen fest an der Wand installierten Duschkopf. Ich drücke auf den Knopf für das Wasser. Es tröpfelt etwas heraus. Gut, es ist etwas mehr als Tröpfeln, aber doch so wenig, dass das Wasser kaum von der Wand wegkommt, sodass man, würde man mittig in der Dusche stehen, kaum etwas vom Wasser abbekommen würde. Ich drehe an der Temperatur, aber das Wasser bleibt kalt. Meine schöne abendliche Dusche streiche ich bereits in meinem Kopf und bin sauer.
Nach dieser Erfahrung schaue ich mir auch mein Abteil nochmal genauer an. Anders als im nightjet, gibt es hier keinen Teppichboden. Und auch hier ist der Biden maximal verdreckt, man kann Fusseln, Haare und Co. sehen. Der Tisch ist auch nicht sauber, in den Polstern der Sitzecke hängen Haare, unterhalb des Bettes auch. Ebenso an den Polstern der Sitze, die man erhält, wenn man das Bett wegklappt. Offenbar war hier tatsächlich ein Hund im Abteil. Nur das Bett ist sehr sauber. Das Kissen ist sogar in Plastikfolie eingeschweißt. Dazu wurde ein Zettel gelegt, auf dem erwähnt wird, wie gut man die Bettwäsche desinfiziert hat. Hier übertreibt man es, während man mir das Abteil in einem völlig verdreckten Zustand übergibt. Merkwürdige Prioritäten. Dazu sei gesagt, dass auch in der Vergangenheit bei meinen Nachtzugfahren in Italien die Abteile nicht durch besonders extreme Sauberkeit aufgefallen sind, aber das hier toppt in negativer Hinsicht alles.
Ich habe eigentlich schon keine Lust mehr auf die Fahrt hier und wünsche mich in ein sauberes Hotelzimmer. Aber es hilft ja nichts. In meinem Reise-Rucksack habe ich eine volle Packung Desinfektions-Feuchttücher. Die kommen nun zum Einsatz und ich wische alles gründlich durch, den Tisch, die Ablagen, Wachbecken und den Boden in Abteil und Bad. Ich erspare euch den Anblick, wie braun die Tücher anschließend aussehen Ich verbrauche die halbe Packung, bis ich einen halbwegs akzeptablen Zustand erreicht habe. Noch immer werden die Tücher leicht braun, wenn ich über den Boden wische, aber es ist kein Vergleich mehr zu vorher. Ein Unding, dass hier nicht einmal ordentlich durchgewischt wurde. Ich weiß, ich bin sehr empfindlich, was Dreck angeht, aber das hier ist so extrem, da würden sich auch Menschen ekeln, die das großzügiger sehen.
Zwischenzeitlich schaut der Schlafwagenbetreuer auf meine Fahrkarte. Er spricht, wie ich das hier schon kenne, kein Englisch, wir verständigen uns mit Händen und Füßen. Ich habe deshalb auch keinen Nerv, ihm hier klarzumachen, wie dreckig es ist. Eine Chipkarte zum Öffnen und Verschließen der Tür gibt er mir nicht, das System scheint also nicht in Betrieb zu sein. Abschließen kann ich das Abteil von innen, von außen aber nicht. Verlasse ich das Abteil, kann ich zwar die Tür schließen, mit der Türklinke kann sie aber auch jeder wieder öffnen.
Außerdem gibt es vom Schlafwagenbetreuer zwei Tetrapacks mit Wasser und ein Package mit Necessaire – Zahnbürste, Feuchttuch und weitere Dinge.
Mittlerweile habe ich mich halbwegs im Abteil eingerichtet und es wäre an der Zeit, mich langsam bettfertig zu machen. Da ich nun alles so sehr geputzt habe, beschließe ich, der Dusche doch noch einmal eine Chance zu geben. Ich schließe die Duschabtrennung und drücke auf dem Knopf. Das Wasser läuft langsam aus dem Duschkopf. Indem ich mich eng an die Wand stelle und das Wasser mit meinen Händen etwas „lenke“, kann ich nun doch halbwegs duschen. Lange möchte ich hier auch nicht stehen, das Wasser ist ja kalt. Aber nach gewisser Zeit wird es doch wärmer, nachdem ich es, während ich geputzt habe, schon eine halbe Ewigkeit laufen lassen habe. Offenbar braucht es ordentlich Zeit, bis es warm wird.
So fühle ich mich am Ende dann trotz all der Widrigkeiten etwas frischer, als ich mir den Schlafanzug anziehe. Ich setze mich in die Sitzecke, von der ich auch Haare entfernt habe, und mache mein Bier auf. Zufrieden bin ich zwar mit dem Zustand des Abteils immer noch nicht, aber meine Laune ist wieder besser. Der Zug fährt währenddessen in den Bahnhof von Bologna ein. Bis zum Fahrplanwechsel ging es über Genua nach Rom (Betriebshalt in der Nacht), seit dem Fahrplanwechsel geht es über Bologna. Hier werde ich in ein paar Tagen wieder sein.
Wir halten, fahren weiter vorbei am Abstellbahnhof, in dem die ÖBB-Wagen des Zuges schlummern, mit dem ich am Nachmittag gefahren war, weiter in die Berge, die Apenninen. Es ist plötzlich wieder nebelig draußen. Alles verschwimmt, die Lichter, der Nebel, meine Müdigkeit, vielleicht auch der Alkohol meines einen Bieres. Mehre kurze Tunnels, erleuchtete Bahnsteige. Der Zug fährt schnell, es ist kurvig, ich spüre die Kurven im Körper. Dann das lange Bahnhofsschild von „San Benedetto Val di Sambro-Castiglione dei Pepoli“ im Nebel und rein in den 18 km langen Apenninbasistunnel. Ich erinnere mich an die abendliche Fahrt im nightjet-Sitzabteil durch den Tunnel. Rom – München war ich damals gefahren, konnte nicht schlafen, guckte aus dem spärlich beleuchteten Abteil an die Tunnelwände. Ein langer Tunnel, dazu las ich auf Wikipedia vom Anschlag auf einen Zug im Apenninbasistunnel Mitte der 80er. Ein geschichtsträchtiger Ort hier. Das hat sich irgendwie eingebrannt, als besondere Situation, nicht mit Angst verbunden – wie man vielleicht denken könnte –, eher mit der friedlichen Stimmung in meinem Abteil (mehr dazu in diesem Bericht). Diese besonderen Gefühle kommen wieder hoch. Ich ziehe die Jalousien runter, lege mich ins Bett. Noch bevor wir den Tunnel verlassen, schlafe ich.
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