Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich einfach mal kurz raus muss aus dem Alltag und das geht besonders gut, wenn man auch mal den Ort wechselt. In solchen Situationen plane ich meist kurze Tagestouren (evtl. mit Übernachtung im Zug) innerhalb Deutschlands. Häufig besuche ich dann Städte, in denen ich noch gar nicht oder länger nicht mehr war. Ich Freiburg war ich bisher ausschließlich einmal abends kurz, in Karlsruhe habe ich den Bahnhof noch nie verlassen und für Stuttgart gilt das gleiche. Dabei mag ich die Region eigentlich sehr gerne und bin gerne dort unterwegs (wenn ich auch bisher meist nur durchgefahren bin). Und tolle ist: Alle drei Städte kann man schön auf einer Tour verbinden, einer „Tour de Baden-Württemberg“.
Mit dem Nacht-IC 2021 geht es von Münster nach Köln. Von dort mit dem frühmorgendlichen ICE 827 nach Frankfurt und weiter mit einem ICE nach Freiburg. Mit dem Baden-Württemberg-Ticket (Regionalverkehr) lege ich die Etappen Freiburg – Karlsruhe und Karlsruhe – Stuttgart zurück. Bei der Rückfahrt nutze ich einen IC von Stuttgart nach Köln (über die linke Rheinstrecke) und fahre von dort mit ICE und RB zurück nach Münster. Unterwegs war ich an einem Samstag Ende Mai 2018.
Die Tour startet am frühen Samstagmorgen um kurz nach eins am Hauptbahnhof von Münster. Der Bahnsteig ist sehr gut gefüllt und es stehen viele Passagiere mit viel Gepäck bereit. Die meisten dürften zum Düsseldorfer Flughafen fahren. Der IC 2021 ist gerne mal sehr voll und das liegt meistens an seiner Zubringerfunktion zum Flughafen. Das kenne ich zwar schon, so viele Reisende habe ich aber noch nie hier auf diesen Zug mitten in der Nacht warten sehen. Mit 20 Minuten Verspätung kommt der Zug dann auch an und ich bin froh, dass dieser gar nicht so voll ist, wie ich es erwartet habe. Ich bin länger nicht mehr mit dem Zug gefahren und seit dem letzten Mal hat sich einiges verändert: Der Zug führt mittlerweile einen Servicewagen (= Reservierungen können digital angezeigt werden) und in der 1. Klasse gibt es einen Abteilwagen statt eines Großraumwagens. In meinem reservierten Abteil liegen bereits drei Menschen quer über den Sitzen (wen interessieren schon Reservierungen?), da aber noch ein anderes Abteil frei ist, setze ich mich in dieses. Ein bisschen zittere ich zunächst, denn in diesem Abteil haben zwei Reisende ab Münster reserviert, sie tauchen aber nicht auf.
So ein eigenes Abteil mit den bequemen roten Sitzen ist schon etwas Schönes und auch so eine Reise durch die Nacht löst bei mir immer eine gewisse Faszination aus. Nach der Fahrkartenkontrolle versuche ich etwas zu dösen, was mir aber nicht wirklich gelingt. Immerhin kann man das Licht hier im Abteil ausschalten und der Zugchef sagt immer nur ganz kurz den nächsten Halt an und verzichtet auf Willkommensdurchsagen, Anschlüsse, etc. Unsere Verspätung wurmt mich währenddessen, denn meine Umsteigezeit in Köln beträgt etwa 20 Minuten und zwischen Münster und Hamm werden aus 20 Minuten Verspätung plötzlich 25 Minuten. In Dortmund ist dann aber wohl Lokführer- und Zugpersonalwechsel und das neue Team scheint sich vorgenommen zu haben die Verspätung so gut es geht zu reduzieren. Der neue Zugchef fertigt den Zug an den Halten unfassbar schnell ab und der Lokführer beschleunigt stark und bremst hart. So extrem habe ich das selten erlebt und auch wenn die Fahrt damit heute nicht ganz sanft ist, bin ich sehr froh darüber und beinahe alle anderen Reisenden sicher auch, denn in Köln wollen fast alle Reisenden auf den ICE umsteigen (außer der zweiten großen Gruppe, die bereits in Düsseldorf Flughafen aussteigt). Der Lokführer schafft es zwischen Dortmund und Köln 10 Minuten (!) Verspätung aufzuholen und wir erreichen den Kölner Hauptbahnhof nur noch mit einer Viertelstunde Verspätung. Vorher hatte der Zugchef aber auch bereits durchgesagt, dass der ICE warten würde. Eigentlich wäre es auch völlig unsinnig, wenn er uns vor der Nase davonfahren würde, denn der Großteil seiner Fahrgäste kommt aus unseren Zug. Dennoch habe ich es einmal bereits erlebt, dass er nicht gewartet hat und wir uns auf der Hohenzollernbrücke entgegengekommen sind.
Der ICE ist ein gewisses Kuriosum, denn er fährt so früh am Morgen (quasi noch in der Nacht) nur von Köln nach Frankfurt und endet dort bereits vor fünf Uhr. In der Woche fährt er zwar weiter nach München aber am Wochenende ist das ein rein nächtlicher Zuglauf, der vor allem als Flughafenzubringer dient, wenn man sich die Fahrgäste anschaut. Er bedient auch alle denkbaren Halte auf einer Fahrt von Köln nach Frankfurt über die Schnellfahrstrecke (inklusive Köln/Bonn Flughafen). Während sich die zweite Klasse in Köln Hbf gut füllt (Urlauber), kann man die Fahrgäste in der 1. Klasse an zwei Händen abzählen. Ich setze mich in mein eigenes Abteil.
Während der Fahrt über die Schnellfahrstrecke döse ich nun wirklich ein bisschen, das ist auch dringend notwendig. Manch einer mag sich nun fragen, warum ich mir die Tour so antue? Es gebe mindestens zwei bequemere Varianten: Der „echte“ Nachtzug (ÖBB nightjet) nach Freiburg (weiter nach Zürich), den man von Münster aus über Hannover gut erreicht oder den durchgehenden Nacht-IC 209 der mich immerhin ohne Umstiege mitten in der Nacht (= mehr Ruhe, etwas zu dösen) nach Freiburg bringt. Die Antwort ist: Ich tue mir diese Fahrt in der Form aus „nostalgischen“ Gründen an.
Es folgt ein kleiner Exkurs zum Thema „Wie ich das Bahnfahren (über Nacht) lieben gelernt habe“. Wer sich dafür nicht interessiert, der überspringe diesen Abschnitt.
Die Begeisterung für das Bahnfahren als Art des Urlaubs wurde bei mir im Sommer 2013 geweckt. Damals war ich mit dem Deutschland-Pass der Bahn unterwegs (einen Monat Flatrate-Bahnfahren). Durch meine Liebe zu den Bergen zog es mich häufig in den Süden. Wenn man dort etwas vom Tag haben wollte, machte es Sinn, über Nacht anzureisen. In den echten Nachtzügen (CityNightLine) war der Deutschland-Pass damals aber nicht gültig und die Sitzwagen der Nachtzüge verkehrten damals auch noch nicht als IC, daher konnte ich auch diese nicht nutzen. Nur eine Linie führte schon Sitzwagen mit, die als IC verkehrten: Der Nachtzug zwischen Duisburg und Basel (an anderen CNL-Zügen hingen solche Waggons für Tagesrandverbindungen, waren aber nicht die ganze Nacht über nutzbar). Wollte ich aber über Nacht weiter in den Südosten Deutschlands fahren (München, Berchtesgaden, Passau, etc.), war ich auf echte ICs oder ICEs angewiesen, die über Nacht fuhren. Das waren 2013 aber noch deutlich weniger Züge als heute. Zwar gab es den Nacht-ICE 619 schon, dieser fuhr aber nur am Wochenende über Nacht nach München und endete sonst als Tagesrandverbindung in Frankfurt. So gab es in der Woche nur eine Möglichkeit, wenn ich über Nacht von NRW in den Süd(osten) wollte: Den Nacht-IC 2021 bis Köln und von dort mit dem ICE um kurz nach drei Uhr weiter. Dieser fährt in der Woche bis München und kommt dort gegen 8 Uhr an. Eines Nachts nutze ich die Verbindung aber auch am Wochenende, wo der ICE Mitten in der Nacht nur das „kleine Stück“ von Köln nach Frankfurt fährt. Dieser Umstieg mitten in der Nacht in Köln, diese kurze Fahrt bis Frankfurt, während es langsam hell wurde – das alles hatte irgendetwas Besonderes, etwas Magisches. Es war Mitte Juni und ich sah aus dem Zug, wie beeindruckend früh es da Mitte Juni schon dämmert. In Frankfurt angekommen (noch deutlich vor 5 Uhr) war es bereits taghell. Dann ging es um kurz nach sechs mit dem ersten ICE des Tages nach Wien. In Wien kam ich völlig gerädert an und fiel ins Bett. Obwohl diese Verbindung also objektiv gesehen völliger Mist war (man muss mehrmals in der Nacht/am frühen Morgen umsteigen, hat kaum Ruhe zu dösen), verbinde ich damit bis heute ein besonders positives Erlebnis. Solche Fahrten wecken meine Abenteuerlust und lösen bei mir enorme Glücksgefühle aus. Deshalb wollte ich diese Fahrt (zumindest bis Frankfurt und dort auch mit etwas Umsteigezeit) nochmal wiederholen.
Erst in den Monaten nach meinen Erlebnissen mit dem Deutschland-Pass lernte ich „echte“ Nachtzüge mit Schlaf- und Liegewagen kennen und merkte, dass diese Variante zu verreisen deutlich angenehmer ist. Manchmal aber zieht es mich aufgrund dieser oben beschriebenen Abenteurerlust auch heute noch explizit in so einen Nacht-IC oder ICE, selbst wenn es eine Alternative mit einem echten Nachtzug gibt. Dennoch: Meistens sind es leider eher tarifliche Gründe oder nicht mehr vorhandene echte Nachtzüge, die mich in Nacht-IC(E)s zwingen. Das wiederrum ist eine traurige Entwicklung!
Ich bin tatsächlich kurz eingeschlafen und wache wieder auf, als wir in Frankfurt Flughafen halten. Einerseits bin ich müde und würde am liebsten hier weiterdösen (und nicht in 10 Minuten am Hbf aussteigen), andererseits meldet sich jetzt wieder meine Abenteuerlust, gleich wieder einmal am frühen Morgen den Frankfurter Hauptbahnhof zu erkunden. Während der kurzen Fahrt zum Hbf erlebe ich dann den Moment, der das hier alles rechtfertigt: Die Dämmerung hinter der Skyline von Frankfurt:
Der Zugbegleiter verteilt uns 1.Klasse-Passagieren auf der kurzen Fahrt vom Flughafen zum Hbf sogar noch Weingummi. Ich freue mich darüber zwar, aber irgendwie will das zu diesem „Nachtzug“ überhaupt nicht passen (das Bordbistro hat schließlich auch nicht geöffnet). Aber so gibt es heute vor dem Frühstück Weingummi, auch nicht schlecht!
Eine gute Stunde Zeit ist nun, bis mein Anschlusszug fährt. Die Zeit nutze ich, um mich in und um den Bahnhof umzuschauen.
Mein ICE fährt von Frankfurt bis Chur und ist an diesem frühen Samstagmorgen noch sehr leer. Ich setze mich direkt ins Bordrestaurant und frühstücke bei der Ausfahrt aus Frankfurt.
Anschließend ziehe ich mich in ein eigenes Abteil zurück und nicke (ohne, dass ich das unbedingt wollte) ziemlich schnell ein. Gott sei Dank wache ich pünktlich bei der Einfahrt in Freiburg auf.
Ich kaufe mir bereits am Bahnhof mein Baden-Württemberg-Ticket und laufe dann für eine kurze Stadtbesichtigung Richtung Innenstadt.
Die Stadt ist am Samstagmorgen um kurz nach 8 Uhr noch angenehm leer. Wenn man vom Bahnhof aus in die Innenstadt und dann immer weiter geradeaus geht, dann stößt man irgendwann auf den Schlossberg. Dieser Berg, direkt an der Innenstadt, erinnert mich an Städte wie Salzburg, Graz (dort heißt er sogar auch Schlossberg), Budapest oder Prag. Ich gehe also herauf, nicht bis ganz oben, aber bis zu einem schönen Aussichtspunkt.
Auch hier oben bin ich fast alleine und mache bei der Aussicht und den noch angenehmen Temperaturen ein kleines Picknick. Anschließend laufe ich wieder in die Stadt und nehme diesmal die Straßenbahn zurück zum Hauptbahnhof. Zwei Stunden war ich jetzt in Freiburg und ich entscheide mich nun weiterzufahren. Mit dem Regionalexpress geht es nach Karlsruhe. Der Zug aus Basel Bad fährt dabei bis Offenburg. Dort muss man nochmal in einen Regionalexpress der Schwarzwaldbahn aus Konstanz umsteigen, mit dem man dann bis Karlsruhe kommt. Insgesamt dauert die Fahrt knappe zwei Stunden. Beide Züge sind gut gefüllt, ich bekomme aber jeweils noch einen Platz im Oberdeck des Steuerwagens. Auch die Stimmung im Zug ist sehr freundlich, es sind viele Ausflügler unterwegs. Zwei Junggesellenabschiede steigen Gott sei Dank in andere Wagen ein.
Am Bahnhof von Ringsheim steht unter dem Bahnhofsschild der Hinweis auf den Europa-Park und ein Shuttle-Bus steht am Vorplatz bereit. Hier steigen viele Fahrgäste in den Bus um. Am späten Nachmittag werden durch die Medien noch Nachrichten über einen Großbrand im Europa-Park gehen. Gott sei Dank ist dabei keinem Besucher etwas zugestoßen, sonst hätte ich mir schon Gedanken gemacht, ob jemand der Betroffenen morgens bei mir im Zug war.
Karlsruhe Hauptbahnhof erreichen wir pünktlich und endlich kann ich von dieser Stadt auch mal mehr sehen als nur das Bahnhofsgebäude. Wobei ich das Bahnhofsgebäude durchaus schön finde.
Direkt vor dem Bahnhof finden Bauarbeiten statt, sodass die Straßenbahnen nicht fahren. Ich bin zunächst zu faul, mich nach der nächsten angefahrenen Haltestelle umzuschauen (Spoiler: Sie war sehr nah…) oder in einen Bus zu steigen und mache mich zu Fuß auf in Richtung Innenstadt. Es ist bereits unglaublich heiß, die Sonne knallt und der Weg zieht sich. Im Vergleich zu anderen Städten, scheint die Innenstadt in Karlsruhe vom Hauptbahnhof recht weit entfernt zu sein. Irgendwann stoße ich dann wieder auf eine Straßenbahnhaltestelle, an der auch Züge fahren, und lege dann die letzten paar hundert Meter doch noch mit der Bahn in die Innenstadt zurück. Ich steige ganz in der Nähe des Schloss Karlsruhe aus und schaue mich auf dem Schlossplatz um.
Schloss und Park sehen sehr schön aus, es ist aber einfach unglaublich heiß, sodass ich es nicht lange dort aushalte. Bei meinem Rundgang stelle ich fest, dass das Bundesverfassungsgericht direkt neben dem Schloss seinen Sitz hat. Nun sehe ich das Gebäude, das ich aus dem Fernsehen kenne, endlich mal selbst:
Ich schaue mich noch kurz am Marktplatz um. Dort ist es aber sehr voll und ich schwitze, sodass ich kurze Zeit später in die nächste klimatisierte Straßenbahn springe. Die Bahn bringt mich zum Albtalbahnhof (ziemlich nah am Hauptbahnhof). Hier gibt es eine Verbindung zum Netz der DB. Das Besondere am Karlsruher Modell ist, dass es hier Bahnen gibt, die sowohl als S-Bahn auf dem regulären Eisenbahnnetz verkehren, als auch als Straßenbahn in der Stadt. Zu Fuß geht es dann die paar Meter weiter bis zum Hauptbahnhof und dann für ein kleines Mittagessen in die Fiale einer großen Fast-Food-Kette.
Die nächste Etappe lege ich mit einem IRE zurück, der aus Doppelstockwagen gebildet ist. Normalerweise fährt der Zug von Karlsruhe aus über Pforzheim, Mühlacker und Vaihingen (Enz) nach Stuttgart. Dabei nutzt er zwischen Vaihingen und Stuttgart die Schnellfahrstrecke. Regionalverkehr mit Doppelstockwagen auf einer Schnellfahrstrecke gibt es auch auf der Strecke der VDE 8, davon habe ich schon gehört. Dass es das hier auch gibt, wusste ich noch nicht. Für mich ist die Fahrt mit dem Regionalverkehr auf einer Schnellfahrstrecke eine Premiere. Da es zwischen Karlsruhe und Pforzheim Bauarbeiten gibt und die Strecke gesperrt ist, wird unser Zug sogar über Bruchsal umgeleitet und fährt dort bereits auf die Schnellfahrstrecke. Ich mache hier als eine halbe Fernverkehrsfahrt mit dem Regionalverkehr und Doppelstockwagen.
Pünktlich erreichen wir Stuttgart Hauptbahnhof oder auch die Großbaustelle. In Stuttgart war ich bisher nur zum Umstieg und habe noch nie den Bahnhof verlassen. Als ich das letzte Mal in Stuttgart umgestiegen bin, gingen die Gleise jedoch noch bis zum Bahnhofsgebäude und die Baugrube für Stuttgart 21 gab es noch nicht. Unabhängig davon was man von diesem Projekt hält, ist diese Baustelle mit dieser riesigen Grube, über die zwei „Stege“ für die Passagiere zum Bahnhofsgebäude führen, schon beeindruckend.
Bevor ich in die Stadt gehe, schaue ich mir noch den IC 118 an, der gerade hier mit zwei Dieselloks angekommen ist (aus Innsbruck, die Dieselloks sind seit Lindau am Zug) und nun mit Elektrolok in meine Heimatstadt Münster fahren wird. Ein toller Zuglauf, den ich auch schon einmal auf voller Länge gefahren bin.
Bis ich wieder nach Hause fahre habe ich aber noch zweieinhalb Stunden Zeit. Vom Hauptbahnhof aus muss man eigentlich nur geradeaus gehen und landet schon in der Innenstadt. Die Einkaufsstraße, durch die ich gehe, sieht leider aus wie in jeder zweiten größeren Stadt in Deutschland. Der Schlossplatz mit seinem Schloss dagegen ist sehr nett.
Leider ist es fast unerträglich heiß hier in der Sonne und so langsam merke ich auch meine Müdigkeit. Stuttgart liegt bekanntlich in einem Talkessel und es gibt an den Hängen Aussichtspunkte, von denen aus man einen schönen Blick auf die Stadt hat. Das wäre sicher eine gute Idee für einen längeren Besuch. Für heute reicht es mir und ich fahre mit der klimatisierten S-Bahn zurück zum Hauptbahnhof. Dort gibt es erneut etwas zu essen und es steht auch mein Erstbesuch der DB Lounge Stuttgart an. Auf dem Weg zum Zug gehe ich wieder „über“ die Stuttgart 21-Baustelle und bin gespannt, wann ich wohl das nächste Mal hier sein werde und wie weit die Bauarbeiten dann sein werden.
Mein Intercity nach Köln steht bereits am Gleis bereit. Der IC 2318 ist quasi der Spätzug auf der IC-Linie 30. Nur Sonntagsabends verkehrt der Zug bis Münster, in der Woche geht es immerhin bis Dortmund, jetzt am Samstag sogar nur bis Köln. So werde ich mich ab Köln später anderweitig nach Münster durchschlagen müssen. Wie ich das (leider) von „meiner“ IC-Linie gewohnt bin, hat die DB bei der Wagenreihung wieder Lotto gespielt, aber in der Mitte des Zuges finde ich dann doch die 1. Klasse. Reservierungen waren aus unerfindlichen Gründen nur im Abteil- und nicht im Großraumwagen der 1. Klasse möglich. Heute hat das den Vorteil, dass ich mir einen Platz im Großraumwagen aussuchen kann und keine Angst haben muss, dass mich jemand mit Reservierung vom Platz jagt. Warum ich nicht auf meinen reservierten Platz in den Abteilwagen gehe? Erstens funktioniert in dem Wagen die Klimaanlage nicht, zweites steht der Wagen für die Fahrt am Rhein entlang „falsch“ herum und drittens bin ich tatsächlich ein großer Fan der modernisierten 1. Klasse Großraumwagen und hätte (wenn es denn geklappt hätte) sowieso dort reserviert. In vielen anderen Situationen ziehe ich das Abteil dem Großraum vor, aber manchmal mag ich den Großraum dann doch ganz gerne.
Soll ich die Mängelliste noch fortsetzen? Natürlich können auch im ganzen Zug die Reservierungen nicht anzeigt werden. Der Zugchef entschuldigt sich dafür per Lautsprecherdurchsage, weist aber auch darauf hin, dass es im Zug genügend freie Plätze gibt. Das stimmt, der Zug ist an diesem späten Samstagnachmittag eher schwach ausgelastet. Ich bin trotz der vielen Mängel zufrieden. Ich habe meinen eigenen Platz und bin alleine an einem Vierer-Tisch im gut klimatisierten (tatsächlich ist es sehr angenehm) 1. Klasse –Großraumwagen. Die Fahrt entlang des Rheins kann also kommen!
Zunächst geht es aber wieder über die Schnellfahrstrecke, auch diesmal nicht komplett bis Mannheim, da der Zug noch Heidelberg mitnimmt.
In Mannheim steigt dann ein junges Paar ein und setzt sich auf die andere Seite des Gangs an den Zweier-Tisch. Sie kommen offenbar gerade aus dem gemeinsamen Urlaub und sind zunächst noch glücklich. Im weiteren Verlauf der Zugfahrt entwickelt sich aber ein handfester Streit zwischen den Beiden (den richtigen Auslöser bekomme ich nicht mit, sie macht ihm irgendwelche Vorwürfe) und am Ende macht sie Schluss mit ihm und beide steigen in Bonn demonstrativ einzeln aus dem Zug aus, bewegen sich am Bahnsteig in unterschiedliche Richtungen und würdigen sich keines Blickes mehr. Am Anfang ist dieser Streit noch richtig unterhaltsam für mich (da er dermaßen lächerlich erscheint), irgendwann (auf die Dauer) nervt er mich dann. Gott sei Dank streiten die beiden im Flüsterton (bekommt man natürlich trotzdem mit, wenn man direkt daneben sitzt), sodass ich mir nur Kopfhörer mit Musik aufsetzen muss und so dem Streit entgehen kann. Für den Streit habe ich nun auch gar keine Zeit mehr, denn es folgt die Fahrt entlang des Rheins:
Ich habe aufgehört mitzuzählen, wie häufig ich diese Strecke schon gefahren bin. Jedes Mal ist die Fahrt etwas Besonderes, aber heute ist sie besonders schön. Vielleicht hängt das nicht nur mit der schönen Fahrt an sich zusammen, sondern auch mit der kompletten Tour. Habe ich heute Morgen noch den Sonnenaufgang gesehen, geht es nun in die Abendsonne hinein. Ich bin beinahe traurig, als kurz vor Bonn dann die Fahrt direkt am Rhein zu Ende ist. Die Müdigkeit, die ich heute immer mal wieder verspürt hatte, war die ganze Zeit wie weggeblasen. Vielleicht hat dabei auch die Cola aus dem Bordbistro (das war sogar eingereiht, hatte Personal, hatte Ware und die Kühlung funktionierte – Glückwunsch!) mit ihre Koffein beigetragen, aber es war sicher auch die tolle Fahrt.
Pünktlich erreichen wir dann den Kölner Hauptbahnhof und auch der bahnsteiggleiche Systemanschluss an den ICE aus Basel über die Schnellfahrstrecke und weiter in Richtung Dortmund klappt – für Köln keine Selbstverständlichkeit.
Ich bin der einzige Passagier in der 1. Klasse-Lounge direkt hinter dem Lokführer. Leider ist die Scheibe milchig, aber ich genieße die ruhige Fahrt bis Dortmund auch so.
In Dortmund steht schließlich der letzte Umstieg an: In der außergewöhnlich gut gefüllten 1. Klasse der Regionalbahn geht es zurück nach Münster. Rund 22,5 Stunden, nachdem ich hier abgefahren bin, bin ich wieder zuhause.
Übrigens: Im Hintergrund sieht man den abgestellten Wagenpark des ICs 118, den ich vorhin noch in Stuttgart gesehen habe. Morgen früh wird er dann wieder zurück nach Innsbruck fahren. Für mich dagegen geht es nun endlich ins Bett und nach dieser schönen Tour werde ich bestimmt süße Träume haben. 😉
Da ich bisher sehr häufig die Wochenenden in der Nähe von Freiburg verbracht habe und ab Bremen fahre, ist mir der durchgehende IC 209 mittlerweile sehr ans Herz gewachsen. Da es Tage gibt, an denen ich die letzte (bis zu meinem Zielort führenden) Tagesverbindung um 16:09 Uhr dort nicht schaffe, bin ich auf eine andere Verbindung angewiesen, die möglichst früh am nächsten Tag ankommt (um möglichst viel vom Wochenende zu haben) und da war ich doch sehr glücklich, als der frühere Nacht-ICE 609 wieder eingeführt wurde, wenn auch als IC (hat aber seine Vorteil, unter anderem etwas bequemer). Da dieser zu einer sehr angenehmen Zeit in Bremen fährt, der Zug ab Köln (gegen Mitternacht) sehr leer wird und dann eine gute Zeit zum Schlafen ist und dann auch sehr früh in Basel ankommt, ist das echt ein wahrere Glücksfall und ich kann ihn wirklich nur empfehlen 🙂
Der Nightjet von Hamburg nach Zürich fährt zwar mittlerweile wieder über Hannover, der Zug ist aber zu teuer, um häufig damit zu fahren.
Eine kurze Bemerkung zu „Basel Bad“. Das bedeutet „Badischer Bahnhof“. In Basel gibt es nämlich zwei Bahnhöfe; den Bahnhof Basel SBB und den Badischen Bahnhof.
Die BEsonderheit ist die, dass er zwar in der Schweiz liegt, aber der BR Deutschland gehört (wei übrigens noch fünf andere). Das hat historisch Gründe, die mit dem Bau der Rheintalbahn durch den Großherzog von baden zusammenhängen.
Grüße aus Südbaden!
Das ist korrekt, was du schreibst. 🙂 Basel und die Hochrheinbahn sind nicht zuletzt deshalb auch immer eine Reise wert.
Beste Grüße aus Köln!